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Wo Meinungen aufeinander treffen

Abschaltung

Foto von Arnold Middelkoop https://unsplash.com/de/@arnoldmid

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Arnold Middelkoop

März 1975: Anne Lund, Studentin der Wirtschaftswissenschaften und damals 22 Jahre alt zeichnet ein Logo, das in den kommenden Jahren und Jahrzehnten dank des hohen Wiedererkennungswertes zum Symbol der Anti-Atomkraftbewegung werden wird. Hatten Sie auch diesen gelben Button auf Ihrem Parker und einen entsprechenden Aufkleber auf dem Fahrzeug? Ein klares Statement, freundlich, aber bestimmt, das eine ablehnende Haltung gegenüber einer Energiequelle deutlich macht, deren Probleme Strahlungssicherheit und Langzeitlagerung von Brennstäben bis heute nicht gelöst wurden. In der Bundesrepublik ist die Geschichte der Atomkraft jedenfalls zu Ende erzählt und zwar schon morgen. Denn dann verlieren die letzten drei noch in Betrieb befindlichen AKWs Isar2, Emsland und Neckarwestheim 2 ihre staatliche Lizenz zur Stromerzeugung, es ist Schluss.

Das Abschalten, es vollzieht sich nicht im kritiklosen Raum. Beginnen wir bei der Deutschen Industrie und Handelskammer. In der jetzigen Lage – man nimmt hier Bezug auf etwaige Unsicherheiten in der Versorgung – solle man nicht auf verfügbare Energiequellen verzichten. Dabei sind es Sorgen über mögliche Preissteigerungen, die die DIHK vor allem im Auge hat. Aus Sicht des Verbandes ein nachvollziehbarer Einwand, hatten doch viele Unternehmen in der jüngsten Vergangenheit Probleme durch die explodierenden Kosten für Energie und manche mittelständische Firma musste in der Folge ihren Betrieb einstellen und Konkurs anmelden.

Als umweltbewegt zeigt sich die CDU in Person des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn. Die Kritik: Kohlekraftwerke werden weiter betrieben, von denen eine erhebliche Belastung durch die ausgestoßenen Abgase ausgehe. Folglich sollte man dieser Energiequelle zunächst den Rücken zuwenden, bevor man sich von der Atomenergie trennt, die Spahn für umweltschonender hält.

Dann haben wir da noch den Koalitionspartner FDP. Trotz des Machtwortes des Kanzlers in Sachen Ausstieg. Dieser stellt für Wolfgang Kubicki einen „dramatischen Irrtum“ dar, der negative Konsequenzen nach sich ziehen werde. Auch aus der FDP, aber ebenso der CSU kommt der Vorschlag, die Anlagen wenigstens betriebsbereit zu belassen um damit eine Energiereserve vorhalten zu können.

Beruhigende Worte hört man hingegen von Wirtschaftsminister Habeck, der eine sichere Energieversorgung auch in einer atomfreien Zukunft als gegeben ansieht. Die Gasspeicher, sie seien gefüllt, die Flüssiggasterminals ebenso betriebsbereit. Schon 2030 werde der Anteil der erneuerbaren Energien bei 80 % liegen. Seine Parteikollegin Göring-Eckert erwartet alsbald fallende Strompreise. Die Energieerzeugung mithilfe von erneuerbaren Energieträgern sei kostengünstiger als mit Atomkraft.

Wir haben uns zu einer Energiewende entschlossen in diesem Land und Atomkraft, sie wird von Experten als ungeeignet angesehen, wenn es um den Ausgleich von Spitzenlasten geht bei einem Netz, dessen Grundlast auf der Nutzung erneuerbarer Energieträger fußen soll. Das Endlagerproblem, bislang gibt es nur Zwischenlager, ist nach vielen Jahrzehnten der Kernenergienutzung bis heute nicht gelöst. Und die Kraftwerke mal eben weiterlaufen lassen, das geht auch nicht, man hat schließlich keine neuen Brennstäbe bestellt. Die ganze Diskussion über die Abschaltung, sie ist also nicht mehr als politisches Geräusch. Bleiben wir einfach einem einmal eingeschlagenen Weg treu, der nach jetzigem technischem Stand der vernünftigste und nachhaltigste Kurs zu sein scheint.