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Wo Meinungen aufeinander treffen

Meloni und die RAI

Foto von Manuel Moutinho: https://www.pexels.com/de-de/foto/schwarze-vogel-auf-antenne-1804304/

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Manuel Moutinho

In Italien ist es wohl nicht ungewöhnlich. Aber eigentlich entspricht das Vorgehen nicht dem, was in einer modernen westlichen Demokratie möglich sein sollte. Dennoch ist es wohl zur Routine geworden, dass mit jeder neuen Regierung auch eine massive Einflussnahme auf wichtige Posten der RAI ausgeübt wird. Das ist für uns irritierend, im Land am Mittelmeer kaum für jemanden überraschend. Es sei denn, auf den Prozess rund um die Neubesetzung eines Postens wird die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit mehr gelenkt als sonst üblich, ungewollt.

Geräuschlos kann man das Vorgehen der italienischen Ministerpräsidentin, der postfaschistischen Georgia Meloni, jedenfalls nicht nennen. Entweder es war ungeschickt oder der Politikerin ist es vollständig egal, dass man ihre Machenschaften ohne Mühe durchschauen kann. Zu vermuten ist Letzteres.

Die Person, um die es zunächst einmal geht, es handelt sich um den vergangene Woche zurückgetretenen RAI-Senderchef Fuortes, der öffentlich erklärte unter der jetzigen rechtsnationalen Regierung nicht mehr in seinem Amt tätig sein zu können. Vorausgegangen war ein Monate währender Konflikt zwischen ihm und der Regierung. Forderungen nach Änderungen des Programms oder der redaktionellen Ausrichtung wurden von Fuortes abgelehnt. Bereits im September hatte sich die Partei Melonis über den Senderchef beschwert. Nun hatte dieser also genug. Von Seiten der Regierung sieht man sich aber offenbar verpflichtet, ihm eine Stelle als Alternative anzubieten. Fuortes, so beschloss man, könne nun Intendant des Theaters San Carlo in Neapel werden.

Das Haus dort, es hat allerdings einen Leiter, den Franzosen Steffané Lissener. Dies wohl wissend, wurde mit dem Beschäftigungsangebot für Fuortes gleichzeitig die in Italien geltende Höchstaltersgrenze von 70 Jahren für Intendanten auf Menschen ausgedehnt, die eine andere Nationalität besitzen. Das Lissener sich bereits im siebten Lebensjahrzehnt befindet, war damit also der Weg für den ehemaligen RAI-Chef frei. Es sei denn, der französische Theaterchef ist mit seiner von ihm eingereichten Beschwerde beim zuständigen Arbeitsgericht erfolgreich.

Worum es der Regierung Meloni, das ist offensichtlich: Einflussreiche Positionen in Kultur und Gesellschaft, sie sollen mit politisch für die Neofaschisten verlässlichen Partnern besetzt sein. Ganz besonders im Zentrum des Interesses ist dabei das staatliche Fernsehen RAI. Dem bisherigen Senderchef folgt ein langjähriger Vertrauter Melonis, Giapaolo Rossi. Ihm geht es darum, Schluss mit „Dauerpräsenz der Linksintellektuellen“ im Programm des Senders zu machen. Auch bestimmte Kulturschaffende, die dem linken Spektrum zuge-rechnet werden, sollen weniger präsent sein. Und auch die verantwortlichen Personen für die wichtigsten Nachrichtensendungen, sie sollen mit politisch Getreuen besetzt werden.

Woran erinnert sie das? Ja, eine Verbindung zwischen Politik und Medien ist in Demokratien nicht ungewöhnlich und das versucht wird, auf die Ausrichtung von Inhalten Einfluss zu nehmen, überrascht nicht. In zugespitzter Form können wir solche Entwicklungen in der Türkei, vollkommen unverhohlen in Russland beobachten. Damit das Konzept eines demokratischen Staates aber funktionieren kann, bedarf es unabhängiger, kritischer und vor allem staatsferner Berichterstattung. Alles Versuche, diese in welcher Form und in welchem Umfang einzuschränken und den Regierenden wunschgemäß auszurichten, sie führen schließlich zu medialer Gleichschaltung, die einen Übergang zu einer Autokratie – häufig politisches Ziel der Rechtspopulisten – erleichtert, vielleicht sogar final erst ermöglicht.