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Weltnichtrauchertag

Foto von Aphiwat chuangchoem: https://www.pexels.com/de-de/foto/zigarettenstift-auf-munzstapel-405082/

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Aphiwat chuangchoem

Ich glaube, ich habe Ihnen davon schon einmal berichtet: Es war Anfang Januar, die letzte Abiturklausur geschafft. Ich weiß noch genau, dass wir uns in der Wohnung einer Mitschülerin zusammengefunden hatten. Es gab Zigaretten und viel Alkohol. Der Druck der zurückliegenden Wochen wich, wir diskutierten die letzte geschriebene Arbeit, deren Aufgaben uns mehr als verwirrt hatten. Egal, vorbei. Generell verbreitete sich das Gefühl, es fast geschafft zu haben. Das war entscheidend. Und zur Vervollkommnung der Entspanntheit des Moments bat ich einen Mitschüler – er war die erste große und gleichzeitig unglückliche Liebe meines Lebens – mir doch auch eine Zigarette zu drehen. Diese von ihm Selbstgedrehte, sie war der Einstieg ins regelmäßige Rauchen, die ersten Versuche in der Grundschule mal außer Acht gelassen. Alle, die um mich herum waren – lebensfroh, politisch links, die Gesellschaft stets kritisch hinterfragend, sie rauchten, ich nun auch. Das war 1988. Über viele Jahrzehnte bleib es dabei.

Der 31. Mai 1987, also etwa ein dreiviertel Jahr vor meinem Einstieg in die Sucht: Die WHO rief das erste Mal den Weltnichtrauchertag aus. Dieses Jahr steht er unter dem etwas konstruiert wirkenden Motto „Du kannst es! Wer kann schon Tabak in Nahrung verwandeln?“ Die Idee dahinter: Wer nicht raucht, hat mehr Geld übrig, um gesünder zu essen. Damit greift man den Trend zu bewusster Ernährung bei jungen Menschen auf, mich hätte man allerdings vor vielen Jahren nicht damit erreicht. War das Geld auch noch so knapp, auf den Tisch kamen Fertigspaghetti von Aldi mit einem Becher Sahne verfeinert und so blieb noch genug für eine neue Packung Tabak mit ordentlichen Blättchen übrig.

Die Zahl der Raucher, sie ist in den letzten Jahren erkennbar geschrumpft, von 22,22 Prozent im Jahr 2000 auf 17,53 Prozent der Bevölkerung 2020. Die Bundesrepublik, sie machte uns den Tabakgenuss in der jüngeren Vergangenheit immer schwerer: Rauchverbote an den unterschiedlichsten Orten oder besondere Raucherzonen, zum Beispiel auf dem Bahnsteig. Ergänzend wurden Zigarettenschachteln eingeführt, die nicht nur mit einem Schriftzug, sondern auch mit entsprechenden Fotos auf die möglichen Konsequenzen des Rauchens eindringlich hinwiesen. Ich kann mich erinnern, dass eine befreundete Kollegin die Vorder- und Rückseiten der letzten hinweisfreien Verpackungen ausschnitt. Diese schob sie unter die Folie jeder neuen, mit Warninformationen versehenen Schachtel. Dann sind da noch die weiterhin steigenden Preise. Wenn ich heute an der Tankstelle mitbekomme, was eine Packung Zigaretten kostet, dann frage ich mich schon, wie man sich das noch leisten kann.

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland zeigte gestern in einem längeren, lesenswerten Beitrag deutlich auf, dass hier noch mehr getan werden kann. Beispiele: In den Niederlanden verschwinden im nächsten Jahr Tabakprodukte aus dem Supermarktangebot. Auch an den Preisen lässt sich noch etwas machen, Blick nach Australien: eine Schachtel Zigaretten kostet dort umgerechnet 27 €. Maßnahmen, die spätestens dann überlegenswert erscheinen, wenn man sich die aktuellen Zahlen zu jungen Rauchern anschaut: In der Bundesrepublik sind diese von 6 Prozent im Jahr 2020 auf mittlerweile 11 Prozent gestiegen. Daten, die die Kaufmännische Krankenkasse gestern in Hannover vorgelegt hat.

Die Motive der jungen Menschen öfter als zuvor zur Zigarette zu greifen: Mit dem Rauchen wird auch heute noch das Gefühl sozialer Zugehörigkeit verknüpft, Teil einer Gruppe zu sein. Neu hinzugekommen, wir berichteten darüber und Sie finden diesen Beitrag zum Beispiel in unserer App, sind die E-Zigaretten, besonders beliebt in der Form von Wegwerf-E-Vapes. 600 Züge für gerade 7 € und – ich habe mal eben bei Amazon geschaut – günstiger sind sie in Sparpaketen. Farbenfrohe Designs und fruchtiger Geschmack, so geht Genuss heute. Schöne neue Elektrowelt des Rauchens.

Aus der Sucht herauszukommen, das ist nicht einfach. Tatsächlich muss man es wollen. Mir half seinerzeit der Umstieg aufs Dampfen, relativ schnell verlor ich auch daran die Lust. Klingt einfach, war es tatsächlich auch, überraschend. Hilfsmittel hält die Apotheke Ihres Vertrauens bereit, vom Kaugummi bis zum Nikotinpflaster. Wem das nicht reicht, der kann sich zusätzlich motivieren, in dem er sich darüber freut, durch das Nichtrauchen viel Geld sparen zu können. Auch Ablenkungsstrategien sind hilfreich. Wenn das alles nicht wirkt, kann man es noch mit Hypnose oder Verhaltenstherapie versuchen. Entscheidend aber: Man muss aufhören wollen. Davon bin ich überzeugt.

Und Ihre Rauchergeschichte. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns davon erzählen, wie es wann losging? Und, sofern Sie es nicht mehr tun, wie haben Sie es geschafft aufzuhören? Es ist ganz einfach: Nutzen Sie die Kommentarfunktion in unserer App. Bestenfalls – das würde uns sehr freuen – entsteht ein weiterer, interessanter Beitrag zu diesem Thema mit Ihnen gemeinsam.