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Das Mindestlohn-Upgrade

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Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

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Bei seiner Einführung am 1. Januar 2015 betrug er 8,50 €, seit 1. Oktober 2022 hat er eine Höhe von 12 €. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn, bei einer 40-Stundenwoche erzielt man damit aktuell ein Monatseinkommen von 2080 €. Brutto. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat sich seit der letzten außerordentlichen Anhebung durch die Bundesregierung die Verdienstsituation von 5,8 Millionen Arbeiternehmern verbessert. Besonders profitierten, so der DGB, Frauen und geringfügig Beschäftigte. 

Alle zwei Jahre wird der Mindestlohn turnusmäßig angepasst, das nächste Mal am 1. Januar 2024. Wie viel Euro es mehr gibt, das bestimmt eine unabhängige Kommission, die sich aus den Tarifpartnern zusammensetzt. Bei ihrem Vorschlag soll das Gremium sowohl die Interessen der Arbeitnehmer, aber auch der Arbeitgeber angemessen berücksichtigen. Die Bundesregierung hat abschließend die Aufgabe, die Empfehlung unverändert im Rahmen einer Rechtsverordnung umzusetzen. 

Für sie muss der Mindestlohn auf 14 € steigen. Deutlich positionierten sich „Die Linke“, der VdK und der Paritätische Gesamtverband. Dessen Hauptgeschäftsführer, Ulrich Schneider, ist es vor allem wichtig, dass ein Vollzeitbeschäftigter von seinem Verdienst leben kann. Nicht zu vergessen sei bei einer solchen Anpassung auch, dass diese Auswirkungen auf die Höhe der zukünftigen Rentenansprüche habe, die ja von den jetzigen Einnahmen abhängen würden. Der Vorsitzenden des VdK, Verena Bentele, geht es besonders um die Vermeidung von Einkommensarmut. Und Dietmar Bartsch von den Linken legt Wert darauf, dass der gesetzliche Mindestlohn der allgemeinen Lohnentwicklung folgt. 

Zögerlich in der Angelegenheit ist der Präsident des Ifo-Instituts. Clemens Fuest erklärt, was mit der Vorgabe nicht gemeint ist, dass der Mindestlohn der Entwicklung der Löhne folgen soll. Das heiße nämlich keinesfalls, dass von dessen Festlegung die Einkommensentwicklung im Land bestimmt werde. Deshalb fordert Fuest Zurückhaltung. Zu einem anderen Ergebnis kommt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Für Marcel Fratzscher ist es vor allem eine gesamt-wirtschaftliche Konsequenz, die die Erhöhung des Mindestlohns auf 14 € zur Folge hätte: Eine daraus sich ergebende zusätzliche Nachfrage wäre ein Beitrag zur Verbesserung der konjunkturellen Entwicklung.

Aus dem Auge verlieren darf man sicherlich nicht die Inflation. 2022 6,9 % , 2023 voraussichtlich 6 %, 2024 vermutlich noch 2,4 %. Die Inflationsraten der genannten Jahre aufaddiert ergeben eine Summe von 15,3 %. Wird der Mindestlohn nun von 12 auf 14 € angehoben, also um 16 %, so kann man wohl kaum von viel mehr als einem Inflationsausgleich sprechen. 

Kassiererinnen, Mitarbeiter im Zustelldienst, Fahrer, Lageristen. Arbeitnehmer, die von der letzten Anhebung des Mindestlohns besonders profitierten. Sie sind viele Stunden am Tag in Berufen tätig, die anspruchsvoll sind, tragen Verantwortung, sorgen dafür, dass der Fluss der Waren in unserer Wirtschaft nicht zum Stillstand kommt. Für sie und viele andere erscheint mir eine Anhebung des Mindestlohns auf 14 € und auch darüber als angemessen. Warum darüber? Die Inflation, das wissen wir mittlerweile, sie trifft vor allem Menschen mit wenig Einkommen. Nach einer von der ARD in Auftrag gegebenen Umfrage im Spätsommer letzten Jahres waren es 2/3 der Geringverdiener mit einem monatlichen Einkommen von bis zu 1.500 €, die weniger einkauften, 72 % der gleichen Gruppe senkte ihren Energieverbrauch. Berücksichtigt man diese Erkenntnisse, dann ist eine Erhöhung des Mindestlohns, wenn möglich auch über die diskutierten 14 € hinaus, mehr als überfällig.