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Du und Dein Balkonstrom

Photo by Kindel Media: https://www.pexels.com/photo/a-person-carrying-a-solar-panel-9875449/

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Kindel Media

Eine Republik voller Sonnenliebhaber. So scheint es zumindest. Golem.de meldete gestern, dass sich die Zahl der Balkonkraftwerke seit Beginn des Jahres um fast 137.000 erhöht habe. Klingt beeindruckend, ist es aber noch nicht wirklich. Nur 0,3 % des Stromverbrauchs – und das bei Mit-Berücksichtigung der nicht vorschriftsmäßig angemeldeten Systeme – werden bei uns durch Steckersolargeräte, so die offizielle Bezeichnung dieser technischen Einrichtungen, gedeckt.

Schauen wir uns den aktuellen Stand der Dinge an. Die Norddeutschen liegen vorne: Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen führen bei der Installation. In den Stadtstaaten des Bundes hingegen sind die kleinen Kraftwerke deutlich weniger gefragt.

Ein Blick auf meinen Balkon, erfüllt er die Voraussetzungen für die Installation einer derartigen Anlage? Sonne jedenfalls ist reichlich vorhanden, annährend ganztägig dank Südausrichtung. Dann hängt da noch eine übergroße Satellitenschüssel zum Empfang von BBC, itv und weiteren Sendern aus Groß-Britannien, immerhin 50 % meiner Gene sind insel-affiner Natur. Hin und wieder stelle ich einen Wäscheständer auf. Ansonsten habe ich für den Balkon keine Verwendung, ich persönlich mag keine Sonne. Platz ist vorhanden.

Dann kann es ja losgehen. Nicht so schnell. Die Elektroleitungen sollten aktuellen Standards entsprechen. Stichwort: Moderne Sicherungsautomaten. Ich denke, das kann sich ein Fachmann anschauen und mir dann mitteilen, ob alles den Vorschriften entspricht oder etwas in irgendeiner Form nachgebessert werden muss. Das gilt auch für die bereits vorhandene Balkonsteckdose. Hier ist ebenso zu prüfen, ob sie bestimmte technische Anforderungen erfüllt. Schließlich darf auch der Stromzähler nicht rückwärtslaufen. Das ist bei modernen digitalen Zählern wohl meist der Fall. Da diese im Hause unlängst installiert worden sind, dürfte damit auch die letzte technische Hürde genommen sein.  

Nun zum allzu Menschlichen. Genau daran hapert es. Und das liegt nicht nur an mir. Ich wohne in einem Haus mit vier Eigentumswohnungen. Einer der Miteigentümer ist sehr freundlich, hin und wieder unterhalten wir uns kurz. Die anderen beiden kann ich nicht ausstehen, seitdem man mir per Mehrheitsentscheidung den Einbau weiterer moderner Kunststofffenster untersagt hat. Der Unterschied zu den alten Holzfenstern störe die Gesamtansicht des Hauses. Teil einer sogenannten Wohnungs-Eigentümergemeinschaft zu werden, das war eine meiner dümmsten Ideen überhaupt. Warum ich das alles berichte: Wollen Mieter ein Steckersolargerät an der Fassade befestigen, benötigen sie die Zustimmung des Vermieters. Doch das allein reicht nicht aus, auch die Eigentümergemeinschaft muss ihr Einverständnis erklären. Und genau daran scheitere ich sicher als Miteigentümer. Das war es dann.

Nein, es gibt doch Hoffnung. Das Bundesjustizministerium will Abhilfe schaffen. Ende Mai wurde bekannt, dass man die Installation der Anlagen erleichtern will. In einem entsprechenden Entwurf steht, was Gesetz werden könnte: Mieter und Eigentümer erhielten demnach einen gesetzlichen Anspruch darauf, ein Balkonkraftwerk zu errichten. Gute Nachrichten für alle Interessenten.

Bis es soweit ist, gäbe es noch die Option, auf einen sogenannten Solartisch auszuweichen: Ab etwa 800 € – ich habe mich schon einmal umgeschaut – sind solche Minikraftwerke auf vier Beinen erhältlich. Das Schöne: Es handelt sich bei diesen Tischen um ein Beispiel fantastischer Multifunktionstechnologie. Sie erzeugen Strom, können aber auch gedeckt und zum gemeinsamen Essen und Miteinandersein verwendet werden. Für den einen oder anderen, der nicht mehr warten möchte, ist das vielleicht eine interessante Alternative. Und wer kann schon behaupten, er habe heute Morgen auf dem Dach eines Kraftwerks gefrühstückt?