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Wo Meinungen aufeinander treffen

Blaue Häkchen

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Foto von Tracy Le Blanc

Twitter hat es unlängst vorgemacht: Wer einen verifizierten Account mit dem entsprechenden blauen Häkchen im Profil haben möchte, die Option wünscht seine Tweets innerhalb von 30 Minuten überarbeiten zu können, das Hochladen längerer Videos in besserer Qualität als Mehrwert sieht, das Bedürfnis hat seinen Account mit einer SMS-basierenden Zwei-Faktoren-Authentifizierung abzusichern und für den weitere zusätzliche Funktionen des Paketes „Twitter Blue“ interessant sind, zahlt 8 Dollar pro Monat oder im Jahr 84 Dollar. Damit ist ein Bezahlmodell in die Welt der sozialen Netzwerke gekommen.

Nun zieht der Meta-Konzern nach, bestimmte Funktionen der Dienste Facebook und Instagram werden kostenpflichtig, das Produkt um das es geht, trägt den Namen „Meta Verified“: Auch hier steht das Häkchen als Zeichen eines überprüften und somit legitimierten Accounts ganz weit vorne im Pflichtenheft des Bezahlfeatures, ein unmittelbarer Zugang zur Kundenbetreuung und eine Funktion, die vor Nachahmer-Profilen schützen, gehören auch zu dem Paket, das jetzt zuerst in Australien und Neuseeland zur Verfügung stehen wird. Es kostet monatlich 11.99 Dollar, für Nutzer eines iPhones wird es teurer, da hier Apple bei der Buchung des Dienstes über den Appstore eine Gebühr von 30 % verlangt, die Meta über den höheren Preis refinanziert. Darüber informierten am Montag das Manager Magazin, die Tagessschau, die Neue Züricher Zeitung und weitere Newsseiten im Internet.

Plötzlich also existieren in dem gelobten und vom wirtschaftlichen Erfolg verwöhnten Land der sozialen Netzwerke Bezahlmodelle. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Man braucht Geld. Die Erträge aus dem Online-Werbemarkt haben sich signifikant verringert, hinzukommend stellen die Privatsphäreoptionen, die Geräte von Apple ermöglichen und von denen deren Nutzer gerne Gebrauch machen, ein Problem dar, da nun Online-Werbemodelle nicht mehr so gut und reibungslos funktionieren.

Im Manager-Magazin wird Meta-Chef Zuckerberg zitiert, der anlässlich der Entlassungswelle im November 2022, bei der 13.000 Stellen gestrichen wurden, auf einen Wirtschaftsabschwung, zunehmenden Wettbewerb sowie zurückgehende Werbeeinnahmen verwies und damit deutlich machte, dass Kosten gesenkt werden müssen. Mit dem jetzt eingeführten Produkt „Meta-verified“ will der Konzern also zusätzlich Geld verdienen. Auf stock3.com schreibt Autor Sascha Gerhard dazu, dass wenn Gebühren erst einmal etabliert wurden, der Weg zu kostenpflichten Premiuminhalten sicher nicht mehr weit sei. Die ehemals ausschließlich auf Werbung aufbauenden Geschäftsmodelle der Sozialen Netzwerke gehen nun also in eine andere Richtung.

Die Seite Lynxbroker.de denkt im Rahmen ihrer Berichterstattung vom Montag über mögliche Vorteile der Abomodelle nach, vielleicht sei die Verifizierung ein Mittel um sich gewisser Fehlentwicklungen in diesem Bereich wie Falschmeldungen, Fake-Accounts und dem zum Teil unfreundlichen Umgangston zu entledigen. Zudem würden die wirtschaftlichen Zuwächse durchaus deutlich ausfallen: Entschieden sich nur 3 % der Kunden für das neue kostenpflichtige Modell, so ergäbe sich eine Steigerung des Gewinnes von ca. 50 Prozent bei diesen Diensten rechnet der Autor des Artikel vor.

Zusammenfassung: Finanzielle Ausfälle durch ein sich verändernden Werbemarkt kompensieren und zusätzliche Einnahmen schaffen, die für den Konzern gar keinen oder nur einen geringen zusätzlichen Aufwand bedeuten, das ist also der Kurs von Meta. Bislang betreffen die Änderungen nur Facebook und Instagram, wann wird WhatsApp folgen?

Der Trend, bislang vorhandene Angebote etwas auszubauen oder umzugestalten, ihren Mehrwert aber hervorzuheben und diesen damit in die Welt der Monetarisierung zu überführen, ist nicht neu. Ich entsinne mich, wie Anfang der Neunziger Jahre der eigentlich werbefinanzierte britische Sender Sky One, auf dem ich wöchentlich die neusten Star-Trek-Folgen anschaute, plötzlich verschlüsselt und sein Empfang damit kostenpflichtig wurde. Die Werbung allerdings lief dort dennoch weiter. Ähnliches gilt für das Privatfernsehen in der Bundesrepublik: die Programmvarianten in HD oder 4K sind nicht frei empfangbar, auch hier greift nun ein Abomodell, Werbung gibt es weiterhin reichlich.

Es kommt darauf an, ob der Konsument in einem veränderten Angebot –  und sei die Modifikation auch noch so gering – den vielzitierten Mehrwert für sich zu erkennen vermag. Ob der wirklich vorhanden ist, sollte man allerdings genau prüfen, bevor man sich dazu entschließt, nun ein zahlender Kunde zu werden.