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Ein neuer Landrat für den Kreis Sonneberg

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Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

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An der Grenze zu Bayern, genauer an der zu Oberfranken, liegt der thüringische Landkreis Sonneberg, in der gleichnamigen Stadt ist auch der Verwaltungssitz der Kommune. Am 11. Juni sollte ein neuer Landrat gewählt werden. Der Amtsinhaber, Jürgen Köpper von CDU, stellte sich neben einem Kandidaten der AfD, einer gemeinsamen Bewerberin der Linken und Grünen sowie einer Parteilosen zur Wahl. Schon vorher diskutierte man im Land einen durchaus wahrscheinlichen Wahlausgang zum Vorteil der AFD. Deren Kandidat Robert Sesselmann jedoch, er verpasste knapp die Mehrheit, fast 47 Prozent der Wähler votierten für ihn. Der bisherige Landrat der CDU, Jürgen Köpper, erhielt knapp 36 %. Diesen Sonntag kommt es nun zur Stichwahl zwischen den beiden. Wird Sonneberg der erste Landkreis der Bundesrepublik mit einem Landrat, der Mitglied der AfD ist?

CDU-Mann Köpper, so berichtet es der MDR, ist ein erfahrener Kommunalpolitiker, der in den vergangenen Jahren engagiert für seinen Landkreis gearbeitet und zur Bewältigung von Problemen beigetragen hat. Für ihn geht es jetzt um sein Amt. Und dafür kämpft er persönlich, sucht die Wähler zu Hause auf. Unterstützung aus der Landes- oder Bundespartei möchte er nicht. Das ergibt Sinn. Die Wahl eines Kommunalpolitikers kann nur dann erfolgreich sein, wenn er im Dialog mit den Menschen vor Ort ist und weiß, was ihnen wichtig ist, was ihnen unter den Nägeln brennt.

Die AfD, sie wurde aufgrund dreier Urteile des Verwaltungsgerichts Köln im März als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. Dagegen wehrt sich die Partei zurzeit. Die von Kandidat Robert Sesselmann im Vorfeld des ersten Wahlgangs besetzten Themen sind populistischer Natur: Sach- statt Geldleistungen für Asylbewerber. Der Euro soll abgeschafft werden, ebenso die Rundfunkgebühren. Holperig in Sachen Verfassungsverständnis ist die Aussage des Juristen, der auch Mitglied des thüringischen Landtags ist, dass man Politiker brauche, „die sich nicht alles aus der Bundesregierung gefallen lassen.“

Gestern nun die Meldung, dass gegen den AfD-Kandidaten von der Thüringer Polizei ermittelt wird. Nachlesen kann man das im Polizeiportal: Es sei zu einem Wortgefecht zwischen zwei mit der Anbringung von Wahlplakaten befassten Männern gekommen. Der polizeiliche Staatsschutz sei eingeschaltet worden, der Kreiswahlleiter des Landkreises Sonneberg zudem über den Sachverhalt informiert. Der Spiegel meldete, Sesselmann habe einem CDU-Wahlhelfer vorgeworfen, dass dieser sich an den AfD-Plakaten zu schaffen gemacht habe. Er, Sesselmann, wisse, wo der Mann wohne. Man würde ihm jemand auf den Hals hetzen und dafür sorgen, dass er keine Aufträge mehr bekomme.

Was dem AfD-Politiker hilft, Stimmen zu gewinnen, ist unter anderem die wirtschaftliche Lage im Landkreis. Ein Lokaljournalist erinnert die Situation vor Ort – im Frühjahr schloss ein Betrieb mit 200 Beschäftigten – an die Zeit kurz nach der Wende, wo die Zukunft mehr als ungewiss war. Wie geht es weiter, zum Beispiel in der Energiepolitik? Hinzu kommen Probleme mit der örtlichen Gesundheitsversorgung und der Infrastruktur. Und Wohnraum fehlt auch. Offenbar viele Menschen im Landkreis Sonneberg, sie erhoffen sich von Sesselmann frisches, beherztes Eingreifen. Kritische Stimmen, die das politische Konzept der AfD und ihres Kandidaten offensichtlich durchschauen, sind ebenso zu hören. Einen AfD-Landrat, dass ist von dieser Seite zu hören, den wünscht man sich nicht.

Gewählt wird am Sonntag, bis dahin ist wird um Stimmen gekämpft. Gut wäre, wenn diesmal mehr Wahlberechtigte an der Abstimmung teilnehmen würden. Das Bild dessen, was die Menschen dort wirklich wollen, wäre klarer und vor allem repräsentativer. Die anderen Parteien im Landkreis Sonneberg stehen hinter dem CDU-Kandidaten, ein demokratischer Schulterschluss. Kurzzeitig eine gute und richtige Strategie. Langfristig aber muss es den Parteien gelingen, die jetzigen Wähler der AfD zu erreichen, ihnen zu begegnen, ihre Probleme ernst zu nehmen und Perspektiven anzubieten. Benötigt werden Alternativen zu dem rechten und mit einfachen und auch eingängigen Lösungen versehenen Politikentwurf der Alternative für Deutschland. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Populisten weiterhin Zulauf erhalten und irgendwann regieren.