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Equal Pay Day

Photo by Karolina Grabowska: https://www.pexels.com/photo/cash-money-of-dollar-and-euro-banknotes-4386149/

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Karolina Grabowska

Aus einer Pressemitteilung des statistischen Bundesamtes vom 30. Januar 2023 erfuhren wir etwas, dessen Neuigkeitswert insofern begrenzt ist, da hier eine Tatsache dokumentiert wurde, die 50 % der Menschen begleitet, seitdem sie im Erwerbsleben angekommen sind: Frauen verdienten im Jahr 2022 umgerechnet auf einen Stundenlohn 18 % weniger als Männer. Dieser unbereinigte Gender Pay Gap weist im Vergleich zum Beginn der Untersuchungsserie im Jahr 2006 einen Rückgang von 5 % auf, für einen Zeitabstand von 17 Jahren eine kaum nennenswerte Veränderung. Im EU-weiten Vergleich belegt Deutschland damit einen der letzten Plätze.

Woher kommen diese Unterschiede in der Vergütung? 75 % des Verdienstabstands zwischen den Geschlechtern haben strukturelle Gründe zur Ursache: Frauen sind in größerer Zahl in Berufen tätig, die schlechter bezahlt sind. Dort haben sie wenig Chancen eine Führungsposition zu erreichen. Hinzu kommt, dass Frauen häufig Minijobs ausüben oder in Teilzeit arbeiten. Beim Herausrechnen, also dem Ermitteln des bereinigten Gender Pay Gaps, sind es dann immer noch 6 % weniger Lohn, den Frauen im Vergleich zu Männern verdienen.

Am 7. März 2023 ist Equal pay day, kurz EPD. Das gewählte Datum ist nicht zufällig. Es orientiert sich an dem alljährlich ermittelten Pay gap, 18 % von 365 Tagen sind 66 Tage, also die Zeit, in der Frauen seit Jahresbeginn quasi ohne Bezahlung gearbeitet haben. Die Idee hinter dem diesem Tag, sie kommt aus Amerika und fand 2008 ihren Weg in unser Land, die Initiative dazu ging von den „Business and Professional Women Germany“ aus und erfährt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Förderung.

Das diesjährige Motto lautet „Die Kunst der gleichen Bezahlung“. Das Thema Lohngerechtigkeit in Kunst und Kultur steht im Fokus, besonders auch auf dem dem EPD Tag vorgelagerten Kongress am 4. März, der in Berlin stattfand. Das ausgewählte Beschäftigungsfeld bietet sich besonders deshalb  an, weil der Gender Pay Gap hier 2021 30 % betrug, was die Ungleichheit in der Entlohnung über-deutlich erscheinen lässt. Richtigerweise wird auf Auswirkungen tradierter Rollenvorstellungen, die bei der Besetzung von Führungspositionen in der Kulturwirtschaft relevant sind, hingewiesen. Auch bei der Auswahl von Schauspielern, eines Dirigenten oder Regieführenden und deren Bezahlung werden Disparitäten deutlich. Der Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für im Kultursektor Tätige lässt den Initiatoren folgend noch viel Raum zur Optimierung.

Was kann getan werden? Tagesschau.de meldet, dass der Minister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, die Bedeutung eines weiter zu erhöhenden Mindestlohns hervorhebt. Würde dieser angehoben, wären es vor allem die Frauen, welche davon deutlich profitieren, da ein Großteil von ihnen im Niedriglohnsektor tätig ist. Und was hat die Politik sonst in dieser Angelegenheit unternommen?  Auskunft erhalten wir auf den Seiten des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Man habe mit einer ausgebauten Kinderbetreuung, dem Elterngeld und Elterngeld Plus und der Familienpflegezeit Maßnahmen ergriffen, die berufstätige Frauen unterstützen. Zudem wurde das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und in im öffentlichen Dienst auf den Weg gebracht. Und dann ist da noch das Entgeldtransparenzgesetz, das es seit Juli 2017 gibt. Es unterstützt die Frauen, indem es ermöglicht, dass Unterschiede in der Bezahlung besser sichtbar werden.

Entsinnen wir uns an eine zentrale Begründung für die niedrigere Entlohnung der Frauen vergangener Zeiten: Ihr Verdienst, so hieß es damals, sei ja nur ein Zubrot zum Einkommen des Mannes. Dieses vollkommen unerträgliche Argument beleuchtet sehr gut eine gesellschaftliche Grundhaltung, in der das Primat des Mannes nur allzu sehr und -tiefst verankert ist. Folglich sind Frauen allenfalls als ein Anhang, stellen eine Ergänzung dar, werden dem männlichen Geschlecht nachgeordnet. Viele Instrumente, Maßnahmen und Gesetze werden noch erdacht und umgesetzt werden müssen, bis sich dies ändert. Die Politik hat sich hier auf den Weg gemacht, ein gutes Stück desselben liegt noch vor ihr, bis die Gleichberechtigung von Mann und Frau in unserer Gesellschaft vollständig erreicht sein wird. Initiativen wie jene, die den Equal Pay Day ins Leben gerufen haben, von ihnen darf es mehr geben. Einfach deshalb, weil die von ihnen ausgehenden Aktionen helfen uns an Disparitäten zu erinnern und unser Augenmerk immer auf etwas lenken, was wir vielleicht sonst nicht als ungerecht empfinden würden. Das nämlich ist notwendig, damit ein Umdenken einsetzt.