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Grünzeug

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Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Yash

Die nunmehr überarbeiteten Eckpunkte zum Thema „Legalisierung von Cannabis“ in der Bundesrepublik, sie wurden am vergangenen Donnerstag von den Ministern Lauterbach und Özdemir, der eine bekanntermaßen für Gesundheit zuständig, der andere für Ernährung und Landwirtschaft, vorgestellt. Der Besitz und das Mitführen von 25 Gramm der Substanz wird danach in Zukunft straffrei möglich sein. Das vorab. Zunächst aber ein genauer Blick auf den Entwurf der Regierung, der zweistufig konstruiert ist. 

Im ersten Schritt soll die Gründung von „Cannabis Social Clubs“ ermöglicht werden, wir können hier auch einfach von einem Anbau – und Verteilverein sprechen, welcher nicht gewinnorientier arbeiten und höchstens 500 Mitglieder haben darf. Beteilige ich mich an dieser Gemeinschaft, so kann ich maximal 50 Gramm der Substanz monatlich erhalten. Das Mindestalter für eine Zugehörigkeit zu solch einem sozialen Gebilde liegt bei 18 Jahren. Werbung ist nicht erlaubt, ein Präventions- und Jugendschutzbeauftragter wird vom Club benannt. Konsumiert werden darf im Vereinsheim übrigens nicht, der gesamte Komplex muss zudem deutlich entfernt von Kindertagesstätten und Schulen liegen. Nicht-Liebhaber sozialer Kontakte, sie können auch selbst anbauen, drei weibliche Pflanzen darf man besitzen.

Zweite Etappe: Regionale Modellprojekte. Hier geht es um die Erprobung kommerzieller Lieferketten für Cannabis, einfach formuliert: Ein legales und staatlich kontrolliertes System vom Anbau bis zur Verkaufsstelle. Diese Testszenarien sind auf eine Dauer von fünf Jahren geplant und sollen wissenschaftlich begleitet werden. Ob es aber überhaupt dazu kommt, hängt auch von der EU ab, denn das Schengener Durchführungsabkommen spricht deutlich gegen eine solche Lösung.

Der Blick auf das Für und Wider: Das auf dem Schwarzmarkt erhältliche Cannabis ist häufig gestreckt und möglicherweise mit Substanzen versetzt, die zusätzlich gesundheitsschädlich sind. Den Wirkstoffgehalt kennt der Kunde nicht zuverlässig. Zudem wird der Endverbraucher durch den gesetzlich verbotenen Kauf kriminalisiert. All diese negativen Effekte werden bei einer Umsetzung des jetzigen Entwurfs aufgehoben, so hoffen die Befürworter.

Dagegen: Was verfügbar ist, wird nicht nur von Menschen im Alter von über 18 Jahren konsumiert werden. Jugendliche könnten es nun deutlich leichter haben, so fürchten Kritiker, sich die Droge zu beschaffen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass durch die Legalisierung eine Verharmlosung der negativen Wirkungen von Cannabis auf den Körper vermittelt wird. Mediziner warnen vor der Gefahr von Hirnschädigungen, die bei Kindern und Jugendlichen auftreten können. Stand der Medizin ist, dass der Konsum der Droge bei dieser Gruppe zu Einbußen der Gehirnleistung führt, auch die soziale Kompetenz soll in Mitleidenschaft gezogen werden.

Erwachsene, sie sollten – wie bislang auch bei Alkohol und anderen nachweislich gesundheitsschädlichen Genussmitteln – frei entscheiden dürfen, ob sie Cannabis oder daraus hergestellte Produkte konsumieren möchten oder nicht. Eine staatliche Regulierung, auch zum Zwecke der Entkriminalisierung, erscheint hier mehr als überfällig. Extrem problematisch hingegen ist die Tatsache, dass – sofern der jetzige Entwurf einer begrenzten Legalisierung so umgesetzt werden sollte – die Droge näher an Jugendliche heranrücken und damit verfügbarer werden kann. Hier liegt meines Erachtens der Nachteil der Social-Clubs-Konstruktion, lässt sich wirklich nachvollziehbar und jederzeit prüfen, wie gesetzeskonform dort verfahren wird?

Wäre grundsätzlich nicht ein staatlich kontrollierter Handel von vornherein eine bessere und durch nachvollziehbare Lieferketten die transparentere Lösung? Gerade der Jugendschutz ließe sich bei offiziellen Verkaufsstellen durch ein strenges Kontrollregiment vermutlich besser umsetzen als im Rahmen eines Vereins. Und ein Teil des erzielten Gewinnes, er könnte gut für die Finanzierung von Präventionsmaßnahmen verwendet werden, eine mehr als sinnvolle Investition. Bei der jetzigen EU-Rechtslage ist die Realisierung eines solchen Modells eher unwahrscheinlich. Das ist bedauerlich.