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Heils Botschaften

Foto von Tima Miroshnichenko: https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-menschen-frau-fahrzeug-6169668/

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Tima Miroshnichenko

Ein Osterfest mit heilsamen Botschaften, so etwas schafft außer der Kirche offenbar nur einer, unser Bundesarbeitsminister, Hubertus Heil eben. Und damit die gute Nachricht sich auch angemessen und weit verbreiten möge, wählte er weise die für ihre Kommunikationsperformance bekannte Bild am Sonntag als Gesprächspartnerin. Die Themen, die Heil mit den Journalisten besprach, sie haben für viele Menschen im Land eine große Bedeutung. Die von dem Minister angekündigten Initiativen sollen vor allem eines schaffen, mehr Gerechtigkeit und faire Bezahlung in dem Teil der Arbeitswelt, in welchem der gesetzliche Mindestlohn das Maximum des stündlich Erzielbaren darstellt. Außerdem auf der Heils-Agenda: Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für Beschäftigte von Paketdiensten und die Forderung, dass der Bund bei der Vergabe von Aufträgen zukünftig darauf achtet, dass die jeweiligen Unternehmen sich an die Tarifverträge halten. Schließlich thematisierte der Minister auch noch die mangelnde Wertschätzung jener, die körperlich belastenden Tätigkeiten in der Arbeitswelt nachgehen.

Beginnen wir mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Entschieden über seine Höhe wird üblicherweise alle zwei Jahre. Eine unabhängige Kommission der Tarifpartner beobachtet in diesem Zeitraum die wirtschaftliche Entwicklung und erarbeitet einen Vorschlag, der sowohl die Interessen und Bedarfslagen der Beschäftigten als auch der Arbeitgeber im Blick hat. Das Ergebnis ihrer Betrachtungen gibt das Gremium dann in Form eines Berichtes an die Bundesregierung weiter. Die letzte Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns erfolgte allerdings außer der Reihe und ohne Konsultation mit den damit beauftragten Experten im Oktober 2022, im Koalitionsvertrag wurde ein Betrag von 12 Euro festgelegt. Heils Ziel ist es nun, zum 1. Januar 2024 eine erneute Anhebung – diesmal nach Beratung durch die Kommission – auf den Weg zu bringen. Gestiegene Tarifvergütungen und die Inflation führt der Minister als Begründungen an.

Die in der Bundesrepublik beförderten Pakete, ihre Zahl lag 2021 nach Angaben Heils bei 4,5 Milliarden im Jahr, 2017 waren es noch 2,6 Milliarden gewesen. Zurzeit werde eine Überarbeitung des Postgesetzes im Hause seines Kollegen Habeck vorbereitet. Der Arbeitsminister stellt sich vor, dass dieses eine Regelung enthalten soll, nach der Sendungen mit einem Gewicht von mehr als 20 kg von zwei Personen anzuliefern sind. Zudem sollen Pakete, die mehr als 10 kg auf die Waage bringen, entsprechend gekennzeichnet sein.

Die Zusammenarbeit der Häuser Habecks und Weils, sie zeigt sich in der Vorbereitung einer weiteren Gesetzesinitiative, in welcher der Begriff der Tariftreue eine zentrale Rolle spielt. Konkret: Unternehmen, die Aufträge des Bundes bekommen haben und umsetzen, müssen sich an die in der jeweiligen Branche geltenden Tarifverträge halten. Die Idee dahinter: Mehr Arbeitnehmer – ihre Zahl ist seit Jahren stark rückläufig – sollen wieder nach den zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten Bedingungen beschäftigt werden.

Schließlich das Thema Arbeitsbedingungen: Allgemein kritisiert Heil, dass es ein Teil der Menschen sehr bequem habe, während andere unter schlechten Bedingungen arbeiten. Beispiel Reinigungskräfte: Die Nachtarbeit in diesem Bereich, sie gibt es mittlerweile in seinem Hause nicht mehr und er wünscht sich genau dies von allen Bundesbehörden. Der Gesundheitsschutz der Beschäftigten, aber auch die Tatsache, dass ihre Arbeit durch die Verlegung auf den Tag wieder sichtbar und damit mehr wertgeschätzt wird, sind dem Minister wichtig.

Schauen wir uns die Osterbotschaft Heils an, so ist es der Begriff „überfällig“, der mir dazu als erstes einfällt. Überfällig, dass die Arbeitsbedingungen im Paketgewerbe verbessert werden. Wir alle bestellen Waren im Internet, sehen die Mitarbeiter der diversen Paketdienste, die uns abgekämpft die begehrten Güter überreichen. Mitunter hören diese noch nicht einmal mal ein „Danke“, von Trinkgeld ganz zu schweigen. Und nur zu gerne geben wir dem ohnehin überlasteten Boten auch noch eine Retoure mit auf den Rückweg zu seinem Fahrzeug. Offenbar hinterlässt die Arbeit der Beschäftigten im Zustelldienst keinen bleibenden Eindruck bei uns, denn nur allzu schnell klicken wir wieder auf „Bestellen“ und das natürlich beim Anbieter mit den günstigsten Versandkosten. Die Veränderungen der Arbeitsbedingungen in diesem Sektor durch den Gesetzgeber müssten sich schon längst auf dem Weg befinden, Heils vorsichtige Vorschläge können nur ein Anfang eines notwendigen Umdenkens sein.

Die Mitarbeiterinnen im Arbeitsfeld der Raumpflege kommen häufig zum Ende des Arbeitstages in die Unternehmen und Behörden oder eben nachts. Sie sind also folglich entweder unsichtbar oder man rauscht an ihnen auf dem Weg nach Hause vorbei, nimmt sie und ihre wichtige Tätigkeit kaum zur Kenntnis. Als Kolleg:Innen werden die Reinigungskräfte häufig nicht wahrgenommen, Wertschätzung erfahren sie wenig. Auch in diesem Bereich sind Veränderungen überfällig, manches könnten die Tarifparteien auf den Weg bringen, anderes der Gesetzgeber. Und dann gäbe es da noch so etwas wie eine soziale Unternehmens- und Behördenkultur, an deren Neuausrichtung – da ebenso überfällig – man sich dringend begeben muss.

Abschließend ein Blick auf den gesetzlichen Mindestlohn: Dieser stellt die absolute Lohnuntergrenze dar. Traurig, dass diese überhaupt eingeführt werden musste, dennoch gut, dass es sie gibt. Zurzeit lässt sich so in Vollzeit ein Bruttoverdienst von ca. 2080 € erzielen. Was bleibt nach Abzügen davon übrig? Und wenn nur eine Teilzeitbeschäftigung in Frage kommt, wie viel steht dann auf der Lohnabrechnung? Kommen Menschen, die hart dafür arbeiten, mit einem solchen Einkommen gut aus?  Die Sozialverbände jedenfalls, sie fordern eine Erhöhung auf mindestens 14 € pro Stunde in der nächsten Runde. Das erscheint mir bei Weitem nicht ausreichend zu sein.