Autor und Sprecher
Technik und Gestaltung
Foto von Tima Miroshnichenko
Sie kennen die Situation: Der Multi-Mikro-Ofen stellt den Betrieb ein, der Föhn leidet plötzlich an Kurzatmigkeit, das Radio brummt, anstatt zu dudeln. Wo man einstmals das Gerät unter den Arm nahm, es zum nächstliegenden Elektrogeschäft brachte und auf eine zeitnahe Wiederbelebung des geliebten Stückes hoffen durfte, kämpft man sich heute durch die ggf. noch vorhandenen Garantieunterlagen, schmort dann in Telefonhotlines, bis Mitarbeiter in weitentfernten Orten ganz eventuell weiterhelfen können, wenn sie das vorgetragene Anliegen verstehen. Hat man Glück und der Hersteller fühlt sich nach der von ihm gesetzten Frist noch zuständig, dann folgt die Rücksendeaktion. Wo war noch der Karton? Unter der nicht immer wahrscheinlichen Bedingung, dass dies alles funktioniert hat, erhält man ungewisse Zeit später meist nicht den versendeten Apparat, sondern ein neues, originalverpacktes Austauschgerät zurück. Nachhaltig ist das nicht.
Jetzt dreht die EU die Uhr zurück oder – je nach Perspektive – auch nach vorne. Damit das Wegwerfen und bloße Austauschen nun nachlässt, soll es ein Recht auf Reparatur geben. Dies, so hört man, wird sich auf Verbrauchsgüter, körperlich bewegliche Gegenstände erstrecken. Eine zweite Chance für den dunkel gewordenen Bildschirm und die sich nur noch sporadisch drehende Waschmaschinentrommel. Fünf bis zehn Jahre, so ist es geplant, soll ein Recht auf Reparatur bestehen. Damit ließen sich große Mengen von Abfall, Ressourcen und auch Emissionen einsparen – ein also grundsätzlich guter Ansatz.
Bis es so weit ist, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Die geplante EU-Richtlinie befindet sich quasi noch in den Kinderschuhen. Zu klären ist unter anderem noch, wann eine Instandsetzung ausscheidet oder wie die Hersteller die Reparaturdienste organisieren. Zudem wird es Einschränkungen geben, nicht alle Geräte werden aus mitunter technischen Gründen fünf bis zehn Jahre reparabel sein. Und wenn das in Ordnung bringen kostenintensiver als ein Austausch ist, muss der Produzent diesen dem Kunden nicht anbieten.
Bis dahin muss sich der Konsument zu helfen wissen. Die Entscheidung über eine mögliche Reparatur trifft er bereits beim Kauf: Erwirbt er zum Beispiel ein Smartphone, dessen Einzelkomponenten auch von Leihen ausgetauscht werden können, sind die Chancen auf ein langes Geräteleben günstig. Unlängst hat Nokia hat ein gut reparables Gerät auf dem MWC in Barcelona vorgestellt. Andere Hersteller werden folgen, wenn sich der Trend durchsetzt. Ersatzteile für einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren und Instandsetzungsanweisungen bereithalten, das müssen jetzt bereits die Hersteller von großen Weißwaren. Und auch dieser Trend findet immer mehr Anhänger und Freunde: In Reparaturkaffees wird in zunehmend mehr Städten und Gemeinden Elektrogeräten von Profis, meist pensionierte und ehramtlich engagierte Experten, wieder neues Leben eingehaucht. Wenn man es also möchte, dann muss das stumm gewordene Radio nicht unmittelbar auf den Wertstoffhof gebracht, sondern kann meist erfolgreich lebensverlängernden Maßnahmen unterzogen werden.