Autor und Sprecher
Technik und Gestaltung
Foto von Tim Mossholder
Hier gab es einfach alles, im Untergeschoss Lebensmittel, im Pattere Lederwaren, Kosmetik, darüber streng nach Geschlecht getrennt die Modeabteilungen. Und was mit Technik zu tun hatte, es wurde irgendwann in das gleichnamige Gebäude nebenan ausgelagert. Dort kaufte ich meinen ersten Schraubendreher – den habe ich immer noch – später Schallplatten, CDs, noch viel später Computer und Drucker. Ein Vollsortimenter, so ein Kaufhaus, unfassbar praktisch, mitten in der Stadt und von Kind an für mich faszinierend. Karstadt Celle hat in den letzten Jahrzehnten viele Wandlungen und Umbauten erlebt, aber es blieb geöffnet. Das wird sich nun ändern.
Die Mitteilung erreichte uns am Montag: Galeria Karstadt Kaufhof, so heißt mittlerweile der Warenhaus-Konzern, wird 52 seiner Läden schließen. Um die 4.300 Arbeitnehmer werden ihren Job verlieren, die einen Ende Juni dieses Jahres, die anderen Ende Januar 2024. Und auch bei den weitergeführten Geschäften sowie in der Zentrale wird es Veränderungen geben, die in Personalabbau münden sollen. Final werden jene in einem Insolvenzplan festgelegten Maßnahmen auf einer Gläubigerversammlung entschieden, die Ende März stattfinden wird. Die einzige Alternative zu dem Entwurf wäre eine komplette Schließung aller Filialen.
Kaufhäuser zu betreiben ist finanziell aufwändig: Löhne für das Personal, Miete, Renovierungs- und Erneuerungsbedarfe sind unter anderem zu bezahlen. Hinzu zu diesen allgemeinen und üblichen Kosten kamen in den letzten Jahren zusätzliche Belastungen, die den Konzern immer wieder und immer mehr in Schwierigkeiten brachten. Corona hinterließ – wie überall im Einzelhandel – ihre Spuren. Zweimal wurde ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren in den zurückliegenden Jahren notwendig. 680 Millionen Euro erhielt das Unternehmen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Alle Bemühungen, um das Überleben der gesamten Warenhauskette zu ermöglichen, sie reichten wohl nicht aus.
Bei der Krise im letzten Herbst waren es die gestiegenen Energiepreise und eine nachlassende Kaufkraft, die das Unternehmen schwer trafen. In einer Presseerklärung gestern äußerte der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz, dass es bei Warenhäusern auf die Flächenproduktivität ankomme, offenbar ein Vergleichskriterium, das die jetzt bald schließenden 52 Geschäfte nicht ausreichend erfüllen.
Was geschieht mit dem Personal der nicht fortbestehenden Häuser nun? Neue Jobs müssen gefunden werden, es wird die Möglichkeit bestehen zu einer Transfergesellschaft zu wechseln, welche die ehemaligen Mitarbeiter bei der beruflichen Weiter-Qualifikation unterstützen soll. Finanziell ist nicht viel zu erwarten, exakt zwei Monatsgehälter, allerhöchstens 7.500 Euro.
Zurück nach Celle. Mitten in der Stadt wird zunächst ein leeres Gebäude stehen. Aus den 60iger Jahren stammend ist es architektonisch umgeben von den für Touristen attraktiven, gut gepflegten Fachwerkbauten und wirkte immer wie ein Fremdkörper, gehörte aber dennoch irgendwie zum Innenstadtbild dazu. Ideen, wie mit der dann leerstehenden Immobilie umzugehen ist, liegen von vorhergehenden und vergleichbaren Schließungen an anderen Orten vor. Die Zeit für Kaufhäuser, sie scheint im Moment schlecht zu sein. Ob die verbleibenden Filialen mit neuem Konzept wirtschaftlich erfolgreich sein werden, wird sich zeigen.