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Länger arbeiten nach Grimm

Foto von Nathan Dumlao auf Unsplash

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Veronika Grimm ist Ökonomin. Die Frau zählt zu den sogenannten Wirtschaftswaisen, das heißt sie gehört dem Sachverständigenrat Wirtschaft an. Dessen Aufgabe ist es, die Politik zu beraten. Dies tut er unter anderem dadurch, dass er die wirtschaftliche Lage darstellt, die Verteilung von Einkommen und Vermögen beobachtet oder auf Fehlentwicklungen aufmerksam macht.

Frau Grimm nun, sie wies nicht nur auf ein Problem hin, sie präsentierte auch gleich einen dafür ihrer Meinung nach geeigneten konkreten Vorschlag. Das ist ungewöhnlich, denn Empfehlungen im Sinne von gezielten Maßnahmen zur Behebung wirtschaftlicher Schwierigkeiten sprechen die Mitglieder des Sachverständigenrats eigentlich nicht aus, sie präsentieren allenfalls denkbare Optionen zu deren Behebung. Im konkreten Fall gab wohl nur ein der Ökonomin sinnvoll erscheinendes Vorgehen

Konkret: Die umlagefinanzierte Altersversorgung baut auf einem ausgewogenen Verhältnis zwischen arbeitenden und nicht mehr werktätigen Menschen in einer Gesellschaft auf.

Wie in anderen Industrienationen auch gibt es zu wenige Junge, die Älteren haben eine immer höhere Lebenserwartung. Der Generationenvertrag, er funktioniert nicht mehr. Eine erhebliche Finanzierungslücke ist die Folge.

Genau mit diesem Problem beschäftigte sich Frau Grimm. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte sie, dass man den Renteneintritt an die Lebenserwartung koppeln müsse. Nehme diese um ein Jahr zu, müsse im Gegenzug die Lebensarbeitszeit um zwei Drittel dieses zusätzlich gewonnenen Zeitraums erhöht werden. Bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen solle es allerdings Ausnahmen geben.  

Die erste Reaktion auf den Vorschlag der Wirtschaftswaisen, sie fiel eher ablehnend aus. CDU-Generalsekretär Linnemann sagte, dass man das Rentenalter nicht pauschal erhöhen könne. Als Beispiel nannte er Menschen, die körperlich sehr belastenden Berufen nachgehen und schon deshalb mit 60 Jahren nicht mehr weiterarbeiten können würden.

Klar ist, dass sich in Sachen Rente etwas tun muss. Am wahrscheinlichsten geeignet erscheint zurzeit ein System, das sich aus unterschiedlichen Elementen zusammensetzt: Betriebsrenten und private Vorsorge spielen hier sicherlich eine bedeutende Rolle als Ergänzung zur gesetzlichen Altersversorgung.

Deren Finanzierung, z.B. wie jetzt von der Regierung geplant ergänzt durch am Aktienmarkt erzielte Erträge, muss sicher grundsätzlich überdacht werden. Eine längere Lebensarbeitszeit – wie von Frau Grimm gefordert – ist für die meisten Menschen allerdings keine Lösung, ohne dass Arbeitsplätze und betriebliche Strukturen auf die Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer angepasst werden.

Zwar sieht auch die Wirtschaftswaise das Problem gesundheitlicher Herausforderungen in späteren Lebensjahren, wendet sich diesem wichtigen Thema aber nicht in ausreichendem Maße zu. Hängengeblieben ist bei den Menschen vermutlich nur ihre Kernforderung, die für jemanden, der schon viele Jahre gearbeitet hat, wie ein Schlag ins Kontor gewirkt haben mag. Das war unnötig.