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In Bremen stieg die Quote auf 10 % an. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Berlin konnten den Anteil in den letzten Jahren erfolgreich vermindern. Bayern, Hessen und Baden-Württemberg stehen am besten da. Wovon hier die Rede ist? Es geht um den Anteil der Schüler:Innen, die jedes Jahr unsere Schulen ohne Abschluss verlassen, im Durchschnitt sind es 6 % eines Jahrgangs, im Jahr 2021 waren das ungefähr 47.500 junge Menschen.
Ein Großteil von Ihnen – 49 % – kommt von Förderschulen, Gesamt- und Hauptschulen schneiden mit Werten von 20 bzw. 13 % besser ab, Zahlen, die für das Jahr 2020 gelten. Auch bemerkenswert: Das Verhältnis Jungen zu Mädchen liegt bei 60:40. Und während nur 4,6 % der deutschen Jugendlichen die Schule in diesem Jahr ohne Abschlusszeugnis verließen, so war der Anteil der ausländischen Schüler:Innen mit 13,4 % um ein Vielfaches höher.
Dies alles sind Ergebnisse einer am Montag veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung durchgeführt vom Bildungsforscher Klaus Klemm. Vergleicht man die aktuellen Werte mit den Zahlen von vor 10 Jahren, so ist festzuhalten, dass der Anteil der jungen Menschen ohne Schulabschluss seit 2011 stagniert. Diese Gruppe, so betont Klemm, habe deutlich schlechtere Zukunftschancen. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels weist der Experte darauf hin, dass wir es uns nicht leisten können, diese Heranwachsenden durchs Raster fallen zu lassen.
Nicole Hollenbach-Biele, Senior Expert Schulforschung und Schulentwicklung bei der Bertelsmann Stiftung, weist darauf hin, dass ein fehlender Schulabschluss häufig in prekäre Beschäftigungsverhältnisse führt, besonders dann, wenn die Jugendlichen keine Ausbildung absolvieren, was auf 2/3 der Schüler ohne Abschluss zutrifft.
Und was empfiehlt die Studie: Mehr individuelle Förderung, frühzeitige Diagnose von Lernrückständen. Hier sollen auch digitale Anwendungen helfen. Zudem soll ein System eingerichtet werden, das abschlussgefährdete Schüler direkt an die Jobcenter meldet, damit von dort aus die Berufsberatung frühzeitig tätig werden kann. Schließlich verweist man auf eine von der Bundesregierung geplante Ausbildungsgarantie.
So differenziert und gut, wie die Studie die aktuelle Situation beschreibt, so mager und blass sind die von ihr ausgehenden Empfehlungen. Die geforderten Maßnahmen – im Schwerpunkt muss man sich hier vor allem auf den Bereich der individuellen Förderung konzentrieren – können nur dann greifen, wenn für Bildung deutlich mehr Geld ausgegeben wird. Qualifizierte Teams aus Lehrern und Sozialpädagogen, die kleine Gruppen betreuen, weit über das Lernen hinaus und ein sanfter, schrittweiser und begleiteter Übergang in das Berufsleben könnten mögliche Ansätze für die Lösung des beschriebenen Problems sein.
Solche Praxen gibt es bereits, häufig finden wir sie in den Berufsvorbereitungsjahren der Berufsschulen. Hier erwartet die Schüler ohne Abschluss eine Betreuung durch ein multi-professionelles Team, auf die Förderung ihrer Stärken und Schwächen abgestimmter Unterricht und ein hoher Anteil von Möglichkeiten für Praktika in Betrieben . Es wird oft noch das erreicht, was während der Pflichtschulzeit nicht gelang: Ein Schulabschluss wird erworben, vielleicht sogar eine Lehrstelle gefunden.
Leider gelingt das Erreichen der Berufsfähigkeit erst mit solchen Modellen wie dem BVJ oder einem besonderen 10. Schuljahr. Doch warum es erst dann? Das liegt sicher zum einen an den besonderen Biografien und Förderbedarfen der Jugendlichen, zum anderen aber auch daran, dass unser Regelschulsystem hier noch nicht ausreichend mit Personal aus unterschiedlichen Professionen ausgestattet ist, das ausreichend Zeit und Möglichkeiten hat, sich auf diese Schüler:Innen und ihre Bedürfnisse einzustellen und mit ihnen den Übergang in das Berufsleben gestalten kann.