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Spanischer Sommer

Foto von Mike Erskine auf Unsplash

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Mike Erskine auf Unsplash

Wenn Sie zu den Fans des Sommers gehören und Temperaturen deutlich über 30 Grad schätzen, dann empfehlen wir einen Urlaub in Spanien. Nicht in ein oder zwei Monaten. Reisen Sie jetzt. Bereits Ende April zeigten die Thermometer auf der iberischen Halbinsel hohe und vor allem anhaltende Messwerte, die für diese Jahreszeit unüblich sind. Sevilla und Cordoba meldeten beispielsweise Temperaturen von um die 36 Grad.

Spanien reagiert nunmehr auf die Situation und schaltet das Land sozusagen in den Sommermodus um: Freibäder werden bereits Mitte Mai geöffnet, die Taktung des öffentlichen Nahverkehrs erfährt eine Verdichtung, um lange Wartezeiten im Freien zu reduzieren. Und auch der Schulbetrieb wird entsprechend angepasst. Das Land befindet sich im Hitzestress und das mitten im Frühjahr.

Ernster das Problem der Verfügbarkeit von Trinkwasser. Hinter den Spaniern liegt ein extrem trockener Winter. Die Konsequenz: Die Stauseen – genutzt sowohl für die Stromproduktion als auch die Wasserversorgung – sind teilweise so ausgetrocknet, dass einige Kommunen in Cordoba ihr Trinkwasser aus Tankwagen beziehen müssen. Bleibt die Hitze den Menschen dort erhalten, hilft auch der Regen, der in der Zukunft ggf. fallen wird, nicht weiter. Dieser würde nämlich in den Auffangbecken, die die Stauseen letztendlich sind, zum großen Teil verdunsten.

Man wird mit der Ressource Wasser haushalten müssen, das ist jetzt bereits absehbar. Lediglich in den Küstenregionen des Landes scheint die Versorgung gesichert. Welche Beschränkungen notwendig sind, zeigen die in Katalonien bereits im Februar ergriffenen Maßnahmen: Massive Beschränkungen für die Großverbraucher Landwirtschaft und Industrie, aber auch eine Limitierung der verfügbaren Menge Wassers pro Person. Ob das ausreicht, wird sich zeigen müssen. Spanien erwartet einen Hitzesommer, der dem von 1914 in nichts nachstehen soll.

Positive Nebeneffekte? Ja, für Touristen vielleicht. Es war im vergangenen Jahr, als plötzlich ausgetrocknete Stauseen die Sicht freigaben auf Bauwerke und Siedlungen, die für lange Zeit unter Wasser gestanden hatten. Im Februar 2023 konnte man am Stausee Alto Lindoso der Überreste des Ortes Aceredo gewahr werden. Seinerzeit war das Sammelbecken mit nur 15 % des wertvollen Vorrats gefüllt. Eindeutig zu wenig, um durch einen heißen Sommer in diesem Jahr zu kommen.

Das also ist die Lage in Spanien. Erleben wir in Europa nur ein paar warme Jahre oder handelt es sich doch um den Klimawandel? Vieles spricht für Letzteres. Der vergangene Sommer war einer der Trockensten in Europa. Seit 2015 haben wir die wärmsten Zeiten in Folge erlebt. Ein weiterer Anstieg der Temperaturen in diesem oder im nächsten Jahr wird vom Strömungsmuster „El Niño“ ausgelöst werden, der als ein Garant für neue Hitzerekorde gilt.

Blickt man weiter in die Zukunft und ändern wir nichts an der Qualität und Quantität von Treibhausgasen, die wir emittieren, dann werden die Folgen noch gravierender sein: eisfreie Alpen, eine erschwerte Wasserversorgung zum Beispiel auch Italiens und ein sehr niedriger Rheinpegel, der die Schifffahrt auf dem Fluss stark einschränken wird. Die Menschen in Europa, sie werden sich sehr umstellen müssen in den nächsten Jahrzehnten, der Klimawandel – das scheint recht sicher zu sein – ist längst in vollem Gange.