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Tübingen setzt sich durch!

Coffee to go

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Christian Spengler

Ist Ihnen etwas aufgefallen, wenn Sie am frühen Samstag- oder Sonntagmorgen mit dem Auto auf den Bundes- und Landstraßen unterwegs sind? Richtig, der Zustand der Vermüllung, er ist ausgesprochen auffällig. Große Mengen von Einmalverpackungen diverser Schnellrestaurants, sie zieren den Fahrbahnrand oder geben sich auf den dahinterliegenden Feldern ein Stelldichein. Schnell noch eine Cola und ein paar Burger holen, auf dem Weg nach Hause im Auto verzehren und den anfallenden Müll einfach unterwegs aus dem Fahrzeug fliegen lassen, was für ein Spaß!

Was für die Verkehrswege und deren Umgebung gilt, zeigt sich genauso in Fußgängerzonen: Zu viel Müll, dessen Ursprung häufig ein Ergebnis unserer to-Go-Mentalität ist. Nein, ich bin gewiss kein Umweltengel und entgegen jeder Vernunft sowie aus Gründen der reinen und egoistisch motivierten Convenience ein großer Freund der Einmalverpackung. Der täglich überlebenswichtige Latte Macchiato mit Karamellsirup, ich genieße ihn in einem Pappbecher mit Kunststoffdeckel. Allerdings: Ich entsorge die Bestandteile des Behältnisses fachgerecht. Müll gehört nicht auf die Straße.

Die Stadt Tübingen war es, welche 2022 die Idee einer Verpackungssteuer umsetzen wollte. Die näheren Bestimmungen: 50 Cent werden für Einweggeschirr berechnet, 20 Cent für das entsprechende Besteck. Maximal sollen nicht mehr als 1,50 € auf den Preis einer Mahlzeit aufgeschlagen werden. Da es unmittelbar zu einem Rechtsstreit aufgrund der angekündigten Regelung kam, hatte man bislang auf den Einzug der Steuer verzichtet.

Zunächst landete die Klage – geführt von der Betreiberin der örtlichen McDonalds-Filiale – vor dem Verwaltungsgericht Mannheim. Die Franchiseunternehmerin hatte dort Erfolg. Das Gericht argumentierte, dass die Stadt nicht die Kompetenz zum Einzug einer solchen Steuer habe. Zudem seien ergänzende Regelungen von Gemeinden und Städten gemäß des Bundesabfallrechts nicht zulässig. Das ließ den Tübingern keine Ruhe und man legte Revision ein, der Fall wurde nun beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt.

Das Verfahren wurde jetzt entschieden. Ergebnis: Die Erhebung einer Verpackungssteuer auf kommunaler Ebene, sie ist grundsätzlich möglich. Schließlich verbleibe der Müll in den meisten Fällen unweit des Kaufortes. Einen Widerspruch zum Bundesabfallrecht sah man auch nicht. Nachbesserungen forderte das Gericht allerdings bei der fehlenden zeitlichen Begrenzung für behördliche Kontrollen und der Bemessung dessen, was eine Mahlzeit umfasst.

Kaum liegt nun das Urteil vor, fordert die Umwelthilfe Städte und Gemeinden dazu auf, es Tübingen nachzumachen, McDonalds fürchtet einen Flickenteppich unterschiedlicher kommunaler Regelungen und der sich in einer Auszeit befindende Bürgermeister der Stadt, in der die Steuer nun eingezogen werden kann, sprach von einem „tollen Tag für Tübingen und den Klimaschutz allemal.“ Soweit die Reaktionen.

Wie sähen denn die Alternativen aus, wenn man auf die Einmalverpackungen verzichten würde? Ja, natürlich wäre beispielsweise ich in der Lage mit meinem eigenen Kaffeebecher einen Latte zu kaufen, selbstverständlich kann man sich Pommes und Currywurst auf einen Pfand-Porzellanteller legen lassen. Dieses Vorgehen, es fordert Planung, Überlegung und macht den Spontankauf von to-go-Produkten schwierig. Und von Convenience kann dann keine Rede mehr sein. Das lehne ich ab, ich fühle mich bevormundet.

Es ist doch ganz einfach. Möchte ich den Luxus und die Freiheit haben, spontan unterwegs etwas zu essen oder zu trinken, dann komme ich um die Verwendung einer Einwegverpackung nicht wirklich herum. Benötigen wir eine Steuer, um damit unter anderem die zusätzlich entstehenden Entsorgungskosten zu decken oder für einen bewussteren Umgang mit Abfall zu werben? Solange der übrige Müll nach dem Verzehr achtlos in die Umwelt geworfen und dort zurückgelassen wird, ist diese Frage mit einem „Ja!“ zu beantworten.

Was können wir mit den zusätzlichen Einnahmen noch tun? Da die seit Beginn des Jahres geltende Mehrwegangebotspflicht für gastronomische oder artverwandte Betriebe sich nicht wirklich beim Konsumenten durchsetzt, wäre es vielleicht eine gute Idee, wenn ein Teil der Steuergelder in die Entwicklung praktikabler und gleichzeitig umweltschonend zerfallender Behältnisse, Geschirre und Bestecke investiert werden würde. Die mittlerweile erhältlichen Holzlöffel bei to-go-Jogurts jedenfalls haben meines Erachtens keinen Erfinderpreis verdient, geschmacksneutral geht anders.

Vermutlich wird man der Laufkundschaft – wie auch mir – ihre to-Go-Gewohnheiten in der Variante „Convenience“ nicht abgewöhnen können. Kompostierbare Verpackungen und Verzehrhilfen scheinen eine gute Lösung für das Müllproblem zu sein. Dann kann alles, was an Schachteln, Papieren und Bechern von der Mahlzeit übrigblieb, ganz einfach in die Biotonne, wie schön wäre das!