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Wieder an der Uhr gedreht

Foto von Moose Photos: https://www.pexels.com/de-de/foto/graue-doppelglockenuhr-1037993/

Autor und Sprecher

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Christian Spengler
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto von Moose Photos

Wie geht es Ihnen denn heute Morgen? Ausgeschlafen und gut gelaunt auf dem Weg zur Arbeit mit der täglichen Portion Today´s Day startet Ihr Tag gewiss hervorragend, sie sprühen vor Dynamik, Motivation, Arbeitsfreude und Unternehmungslust. Sollte das so sein, muss ich annehmen, dass Sie zu dem Personenkreis gehören, an dem das zweimal jährliche Hin- und Herbewegen des Stundenzeigers spur- und folgenlos vorübergeht. Damit dürften Sie zu einer Minderheit gehören, den meisten Menschen fällt es in diesen Tagen eher schwer, sich an die nun verbindliche Sommerzeit zu gewöhnen. Ich jedenfalls werde zumindest in den nächsten beiden Wochen „aus dem Takt“ sein, ständig müde, leicht reizbar, wechselnd gelaunt – kurz ein Zeitgenosse, dessen Gesellschaft sich jeder wünscht.

Drehen wir die Uhr zurück: 1980 war es, da begannen die Deutschen in Ost und West, das Jahr mit zwei Zeitabschnitten zu versehen. Man argumentierte damit, dass das für eine Mehrheit der Menschen einen längeren Tag mit mehr Licht bedeute, was viele Bürger bis heute auch als Vorteil wahrnehmen. Zudem gab es die Hoffnung, durch den Verzicht auf künstliches Licht in diesem Zeitraum in relevantem Ausmaß Energie einzusparen, der erwartete Effekt gilt aus heutiger Sicht als eher unwahrscheinlich. Zwar benötigen wir die künstliche Beleuchtung weniger oft, dafür heizen wir in den Morgenstunden und ggf. läuft am Nachmittag und Abend aufgrund der heißen Sommertage die Klimaanlage länger. 

Was aber vor allem gegen die Zeitumstellung spricht: Ich formulierte es bereits in den einleitenden Zeilen, die meisten von uns erleben die Verschiebung um eine Stunde in Form eines bis zu einwöchigen Jetlags. Die Menschen kämpfen mit Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen. Erhebungen diesbezüglich offenbaren, dass die Zahl der Verkehrs- und Arbeitsunfälle ansteigt. Entsprechende Studien der Krankenkassen und Daten des Statistischen Bundesamtes belegen dies nachvollziehbar und auch bereits seit einigen Jahren.

Kurz bestand Hoffnung auf eine weniger wechselvolle Zeitmessung, die EU hatte 2018 eine Umfrage in ihren Mitgliedsstaaten durchgeführt. Der Anteil derer, die ein Ende der Sommer- und Winterzeit wünschten, lag bei eindeutigen 84 Prozent. Interessantes Detail: Etwa drei Millionen der insgesamt 4,6 Millionen Teilnehmer bei dieser Online-Abstimmung kamen aus Deutschland. Im Jahr 2019 jedenfalls stimmte das Europa-Parlament dem Vorschlag der Kommission zu, die Zeitumstellung abzuschaffen, bis 2021 sollte es vorbei sein mit dem steten Verrücken des Stundenzeigers. Dazu kam es allerdings nicht, eine Einigung in der Frage zwischen den EU-Staaten wurde bis heute nicht erzielt. Und um die Verwirrung zu komplettieren, diskutiert man jetzt auch über eine halbe Stunde Verschiebung, alternativ wären weitere zusätzliche Zeitzonen – davon gibt es in der EU ohnehin schon drei bzw. vier  – in Europa denkbar.

Ganz offensichtlich genießt das Thema Zeitumstellung in der Politik keine Priorität und dass viele Menschen die Winter- und Sommerzeit ablehnen, scheint nicht sonderlich relevant zu sein. Was uns bleibt, ist heute und in den folgenden Tagen damit irgendwie zurechtzukommen. Langfristig kann man nur hoffen, dass die Angelegenheit aktuell bleibt und sich die EU-Mitgliedsstaaten irgendwann auf ein Konzept einigen. Weil das eben dauern kann, wird man sich im Rahmen der Europäischen Union vor 2026 wohl erstmal nicht mit dieser Frage beschäftigen, andere Themen, das hört man aus Brüssel, seien dringlicher.